Samstag, 20. August 2016

Horizontoer in Holland: Ferien auf dem Festival-Boot

Ein weiterer Minitrip in diesem Sommer führte mich in unser Nachbarland Holland. Dort wohnte ich auf einem Segelschiff der Braunen Flotte, ein altes Plattbodenschiff - zusammen mit Künstlern und Musikern, die während des Festivals "Horizontoer" mit diesen Schiffen von Insel zu Insel im friesischen Wattenmeer segeln und dort auftreten. Ich war bei der letzten Station auf Ameland dabei. Und ja, es war lekker - auch, weil ich folgende Bedingungen zumindest zum Teil erfüllt habe...

Die Schiffe im Hafen von Ameland. Die "Waddenzee" war mein "Hotel"
1. Man sollte keinen Wert auf Privatsphäre legen
Untergebracht ist man in winzigen Kabinen, ich war zusammen mit drei anderen Mädels. Drei Duschen und Toiletten für die ca. 30 Mann an Bord waren auch unter Deck, aber natürlich nicht in der Kabine. Wer also ungern ungeduscht in der Öffentlichkeit auftaucht oder nachts allein sein will, ist fehl am Platz. Auch gegessen wird in Gemeinschaft, im großen Aufenthaltsraum.
2. Man sollte mit wenig Schlaf auskommen
Es gab zwar ein extra ausgewiesenes Partyboot, aber Schlaf war in den drei Tagen wirklich Mangelware. Das Schiff ist hellhörig, es ist ein Kommen und Gehen, und es wurde fast immer die Nacht durchgefeiert. Die letzten Gigs auf Ameland endeten eh erst nachts um 2 oder 3, so dass es einfach immer spät wurde. In der letzten Nacht sollten wir dann morgens um 4 ablegen, um zurück ans Festland nach Harlingen zu fahren. So blieben alle wach, um sich beim Ablegen vom Nachbarboot zu verabschieden, und dann, um um kurz nach sechs die Sonne (leider hinter Wolken) zu begrüßen.
Sonnenaufgang
Toasties helfen durch eine lange Nacht
3. Man sollte trinkfest sein
Ähm ja, es sollte auch Softdrinks an Bord geben. Am Kühlschrank hing eine Liste, in der jeder per Strichen eintragen sollte, was und wie viel er rausgenommen hat, am Ende wurde abgerechnet, zum günstigen Preis. Und ich wollte dann auch mal eine Cola trinken....aber da war nur eine Flasche drin, die schon halbleer und offenbar seit Tagen geöffnet war. Bier war und blieb das Hauptgetränk. Und auch an Land, etwa abends in den Kneipen bei den Konzerten, blieb man dann einfach dabei. Und naja, da wir in Holland waren, gab es da sicher auch noch anderes, besonders so zum Rauchen, aber dazu sag ich mal nichts ;-)
Morgens gab es auch mal Kaffee statt Bier. Hier mit Schiffshund "Kapitein"
Nachschub
4. Man sollte keinen Sauberkeitsfimmel haben
Geschirrberge in der Küche, Haare und Sand in der Dusche - ja, es war chaotisch und dreckig. Gespült wurde von den Teilnehmern, aber wie auch das Aufräumen war das natürlich ein Fass ohne Boden. Kaum weggeräumt, standen schon wieder leere Bierflaschen rum. Und auch wann mal gespült wurde, stand natürlich nicht fest.
5. Man sollte jung (geblieben) sein
Der Altersdurchschnitt ist niedrig. Die meisten der Musiker sind geschätzt Anfang 20, aber es gibt auch durchaus ältere Teilnehmer, z.B. unter den Straßenkünstlern, die tagsüber auftreten. Das Gute: Das Alter spielt dort für niemanden eine Rolle, solange man offen, herzlich und ja, auch ein bisschen feierwütig ist.
Klingt zwar alles nicht nach Erholung, aber das sollte es ja auch nicht sein. Das Erlebnis war trotzdem einmalig. Tagsüber war Zeit, die Insel zu erkunden (sofern man nicht Schlaf nachholte) oder im Inselort Nes schon mal einige Konzerte oder Straßentheater anzuschauen. 
Ich habe so viele tolle, kreative Menschen kennengelernt, durfte neue, gute Musik entdecken und lieben lernen, habe viele schöne Gespräche geführt und kleine und große, fast magische Momente erlebt: Etwa Jamsessions an Bord bei Sonnenuntergang, ungewöhnliche und überraschende Stimmen (wie doch der äußere Eindruck auch bei Sängern täuschen kann) oder einfach das leckere Essen von Schiffskoch Maarten, der abends zum Dinner immer auftischte - reichlich und frisch, z.B. asiatisch oder Boeuf Bourgignon oder Couscous.
Auch die Künstler kennen sich vor der Tour meist nicht - und wachsen dort schnell zusammen, freunden sich an. So ging dem Bassisten von HeavyLight beim grandiosen Konzert auf dem Kerkplein in Nes die Saiten kaputt. Richie von einer anderen Band (Hard & Heady) war da, reichte seinen Bass auf die Bühne - und legte dann gleich noch mit HeavyLight eine tolle Performancehin. Später erzählte auch er, dass es eben genau darum gehe: Freundschaften zu schließen, sich durch die Musik verbinden zu lassen, einfach mal Spaß zu haben. Auch ich habe es, obwohl kein Künstler, gespürt, diese besondere Atmosphäre.
Mit HeavyLight an Bord, morgens um halb vier
Maurice van Hoek im "Nescafe"
Henk und Dennis von der "Mobilen Einheit"

Ach ja, "lekker" sagen die Holländer übrigens zu allem, was toll ist. Nicht nur Essen. Sondern eben auch lekker Musik, lekker Leute, lekker Party.
Mehr zu Ameland, mehr zum Wattenmeer, mehr zu Frysland.
Ich wurde zu dieser Reise von der Wattenmeer-Agenda und der Stichting RegioMarketing Toerisme (RMT) eingeladen, gefördert im Rahmen des INTERREG-Programms der Europäischen Union.


1 Kommentar:

  1. Das sieht und klingt alles ganz herrlich - ich wäre auch gern dabei gewesen ;)

    AntwortenLöschen