Mittwoch, 10. Mai 2017

Harz: Von Vorurteilen und Fachwerk-Romantik

"Was machst du so am 1. Mai?" "Ich fahre in den Harz." Hm, klingt irgendwie nicht so aufregend, oder? Ich muss zugeben, ich hatte auch irgendwie eine nicht ganz so große Aufregung in mir, was dieses lange Wochenende anging. Klang irgendwie nicht so spannend wie "Ich fliege nach Lissabon" oder ähnliches. Harz, das klang auch für mich irgendwie nach Rentnerparadies und Familienausflugsziel. Warum also dahin? Nun ja, ich wollte das Wochenende gern mit einer lieben Freundin verbringen, die gern wandert. Da sie in Köln wohnt, musste es für uns beide gut zu erreichen sein. Auf eine Kurz-Flugreise hatte sie nicht so Lust, auch aus ökologischen Gründen, zudem waren am Feiertags-Wochenende die Preise auch nicht gerade ein Schnapper. Und nach Lissabon und Prag hatte ich eigentlich auch nichts gegen ein bisschen mehr Natur. Immerhin, klang "Harz" auch nach Natur, Mythen, Hexen. So schmiss ich mich am Freitag in den staugeplagten Verkehr und kam abends erschöpft in unserem Hotel in Bad Harzburg an.


Nach drei Tagen kann ich sagen: Ja, es sind viele Rentner und Familien dort. Ja, vieles wirkt "in die Jahre gekommen", teilweise groß modernisiert. Da steht etwa in Bad Harzburg der 70er Jahre "Kursaal", der sehr tot wirkt, neben dem gehypten Baumwipfelpfad. Oder Hotels, die spätestens in den 80er stecken geblieben sind. Ebensolche Restaurants und Ausflugscafés. Aber es gibt eben auch neue Impulse, die dem ganzen dann teilweise eine eigenwillige Mischung geben. Etwa in Ilsenburg, wo viel neu gemacht wirkt, etwa neue Ferien-Chalets.
Auf diese Atmosphäre muss man sich einlassen, ebenso wie auf Horden von Touristen, vor allem zu einem Datum wie der Walpurgisnacht. Die wird im Harz, Schauplatz des Hexentanzes auch bei Goeth, groß gefeiert. In Thale auf dem Hexentanzplatz wurde etwa ein Riesen-Festzelt aufgebaut. Und ja, man sieht Hexen. Hier und da. Und in kleinen Orten vielleicht noch mehr. Aber an vielen Orten ist die Walpurgisnacht letztlich eine Art Stadtfest mit Live-Musik und ein bisschen Hexen-Deko (was an Halloween erinnert), wie wir in Goslar feststellten. Klingt alles immer noch nicht so überzeugt? Doch, bin ich. Es ist ein wunderschönes Fleckchen Deutschland. Zur Natur und zum Wandern - auf den legendären Brocken - komme ich noch in einem nächsten Beitrag. Doch nebend diesem gab es auch viel Kultur zu entdecken: Wunderschöne Städte und Städtchen, die mich als Fotojunkie und Sightseeing-Freak mehr als überzeugt haben. Hier eine Übersicht und am Ende ein Hotelkritik.

Quedlinburg:
Dieses Städtchen hat mich sofort in seinen Bann gezogen, Wir parkten vor dem Schlßberg, auf dem sich majestätisch die Kirchtürme erhoben, und umrundeten ihn zu Fuß. Niedliche Gassen und Häuser, liebevoll dekoriert. Auf dem Schloßplatz noch schönere Häuser und viele nette Cafés, weiter durch kleine Straßen bis zum Rathausplatz. Drumherum viele alte Häuser zu entdecken, ein Stück davon entfernt sogar das älteste Fachwerkhaus Deutschlands. Es macht Spaß, sich die vielen bunten, teilweise schiefen Fassaden anzuschauen, und bis auf die modernen Läden fühlt man sich hier wirklich wie im Mittelalter.

Ältestes Fachwerkhaus in Deutschland, 1310
Schloßplatz
 
Blick auf das Rathaus

 
 
 
 
 



Wernigerode:
Nicht nur Endpunkt der berühmten Brockenbahn, sondern auch ein buntes Fachwerkstädtchen. Für die Altstadt hatte ich gar keine Zeit, aber mich zog am letzten Tag das Schloß hoch über der Stadt an. "Neuschwanstein des Nordens" wird es genannt, und es wirklich ein Bilderbuch-Schloß. Man kann auch das Innere besichtigen, teilweise mit Originaleinrichtungen aus dem 19. Jahrhundert. Zum 1. Mai fand dort ein Mittelalter-Fest statt, so dass ich auch da noch einiges zu gucken hatte. Zwar stammt die erste Burg dort auch aus dem 12. Jahrhundert, das heutige Schloss ist jedoch ein Totalumbau aus dem 19. Jahrhundert im Stil des Historizismus.
 
 


 

Goslar: 
Hier waren wir nur im "Dunkeln" abends zur Walpurgisnacht. Rund um den Marktplatz aber auch hier prächtige alte Fassaden, z.B vom alten Rathaus. Es lohnt sich sicher, hier mehr Zeit zu verbringen und eine Führung zu machen, um die Geschichte der Kaiserstadt zu erfassen.

Unterkunft: 
Der Harz ist nicht gerade klein, und auch aufgrund der Anreise per Bahn/Auto von Westen bzw Norden entschieden wir uns aus dem Bauch heraus für Bad Harzburg zwischen Goslar und Wernigerode. Das Hotel am Eichenberg ist ein nettes, familiengeführtes Hotel. Teilweise wurde es modernisiert, aber man sieht noch stellenweise wie es "früher" war, zb. alte Theke im Restaurant. Auch wurde es um einen kleinen Wellnessbereich mit Sauna, Dampfbad und kleiner Terrasse ergänzt. Dieser ist sehr schön gestaltet. Eine ayurvdische Praxis gehört auch dazu, und wir gönnten uns eine tolle Kräuterstempelmassage bei dem Inder. Danach war ich tiefenentspannt. Das Frühstück war umfangreich, an einem Tag konnte man frische Waffeln machen, es gab Deftiges ebenso wie Gesundes (z.B Bircher Müsli, Joghurt mit Chia). Wir aßen auch 2x abends im Restaurant. Einmal Spargel einmal Wildgulasch. Beides lecker, wobei der Gulasch evtl nicht unbedingt "hausgemacht" war.



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