Mittwoch, 4. Februar 2015

Indien-ABC

Incredible India – dieser Slogan trifft es ganz gut. Man liebt es oder man hasst es, heißt es. Es ist bunt, laut, voll, verrückt, dreckig, atemberaubend, anders – kurz: ich habe es geliebt. Mein kleines ABC für dieses Land – wobei ich nur den Norden bzw. Rajasthan gesehen habe – soll Indien-Interessierten einen kleinen Einblick verschaffen, worauf sie sich da wohl einlassen...
A – Affen gibt es überall, auch in den Städten. Makaken (Rhesusaffen) und die schwarzgesichtigen Hanumans habe ich kennengelernt. Affen sind heilig, und es gibt auch den Affengott Hanuman. Tierverrückt wie ich bin, war ich begeistert. Und muss zugeben, auch gefüttert zu haben. Sollte man aber nicht tun. Die Affen werden frech, und nachdem der erste mit gefletschten Beisserchen auf mich zu rannte, machte ich das auch nicht mehr. Aber sie zu beobachten, ist ein großes Vergnügen.
Affentempel Galta
Kleiner Rhesusaffe
Aggro-Affe
B – Bettler sind in den Städten allgegenwärtig. Steigt man vor einer Sehenswürdigkeit aus dem Tuk tuk, sind sie da. Es hilft nur ein klares Nein und Ignorieren. Sonst würde man nur noch Geld verteilen. Auch viele Kinder betteln, doch ihnen etwas zu geben, würde bedeuten, dass sie erst recht weiter betteln, statt zur Schule zu gehen. Sinnvoll helfen kann man etwa durch Spenden an Vor-Ort-Organisationen.
Kinder in Delhi
C – Chai gab es ständig und überall. Meist in Mini-Bechern, mal frisch zubereitet mit Milch und geraspeltem Ingwer, mal mit Beutel. Straßenverkäufer laufen mit Kannen umher, in Geschäften (siehe S wie Sari) gibt es einen bei längerem Aufenthalt. Ich liebe ihn und verzichte dafür auch morgens auf Kaffee. Ingwer soll ja auch magenberuhigend wirken, vielleicht gibt es auch deshalb nicht so viel zum nächsten Punkt zu sagen.
Erster Chai am India Gate in Delhi
D – Durchfall hatte ich nämlich keinen. Nicht einmal. Trotz Essen am Straßenrand, Lassi und Co. Oft ist es auch eher ein nervöser Magen, der Touristen zu schaffen macht als tatsächlich verdorbenes Essen oder Bakterien. Die Angst davor und die vielen Gewürze sowie die andere Konsistenz sorgen da leicht mal für – kurzzeitige – Probleme.
Toilettenwagen bei Reitsafari
E – Essen war daher für mich kein Problem. Ich habe alles probiert, was mir vor die Nase kam. Manchmal war es mir etwas zu scharf. Da half dann ein Biss ins Naan-Brot. Irgendwann jedoch konnte ich es nicht mehr genießen. Es war immer sehr ähnlich: Reis und eben Saucen mit irgendwas drin. Mir fehlte was mit Biss, und auch der Geschmack war irgendwann nicht mehr überraschend. Dhal, Linsen, oder Palak Paner, Käse mit Spinat, gab es fast immer.
Thali, verschiedene Gerichte auf speziellem Teller
F – Fotografiert werden, damit muss man als Europäer rechnen. Beim ersten Mal wussten wir kaum, wie uns geschah, als sich immer mehr um uns sammelten. Manche trauen sich auch nur heimlich mit Smartphone. Die habe ich dann angelächelt und „Picture?“ gefragt. Dann wurde nochmal richtig posiert – und ich habe im Gegenzug auch fotografiert.
Posen mit Inderinnen
G – Govinda ist ein Star in Indien. Der Bollywood-Schauspieler ist mir nun auch ein Begriff, weil es in Jaipur abends spontan ins Raj Mandir ging, eines der größten und modernsten Kinos im Land. Der Film „Kill Dil“ war auf Hindi – doch die einfachen Handlungen der Filme versteht man auch so. Und es wird ja auch viel getanzt und gesungen darin ... und im Kino ist es übrigens nicht leise. Die Inder jubeln z.B., wenn ihr Star das erste Mal auf der Leinwand erscheint oder sich das Liebespaar küsst. Hier der Titelsong samt Video...

H – Hotels gibt es eine Menge in Indien. Und selbst gute Mittelklasse-Hotels sind nicht teuer. Wir waren in verschiedenen Häusern, vom Heritage Hotel in einem alten Stadthaus in Jaipur über ein buntes privates B&B in Delhi bis hin zum eher unpersönlichen Hotel am Taj Mahal – dafür mit Dachterrasse und in Laufnähe zum Taj.
Zimmer in Udaipur

I – Impfungen habe ich wie immer umfassend machen lassen. Auch wenn ich sie selber zahlen musste. Doch da ich, tierverrückt wie ich bin, z. B. die Hände auch nicht von Straßenhunden, heiligen Kühen und frechen Affen (siehe oben) lassen kann, erschien mir z.B. die Tollwut-Impfung sinnvoll.
Streuner schließt Freundschaft mit mir
J – Jain-Temple in Ranakpur: Auch wenn er stark frequentiert ist, die Einlasskontrollen streng sind (meine Caprihose war fast zu kurz) und Kamera (wie fast überall) extra kostet, ist das Bauwerk beeindruckend und schön. Der Jainismus ist eine Religion, der rund 3 Mill. Menschen angehören. Tempel aller Art gibt es überall, und selbst unser Fahrer stoppte mal kurz, um schnell in einen hineinzulaufen und kurz zu seinem Gott zu beten. Neben dem Hinduismus mit seinen vielen Göttern (der bekannteste ist wohl der elefantenköpfige Ganesha) gibt es in Indien noch die muslimischen Sikhs, Buddhisten sowie einige Christen. Es herrscht Religionsfreiheit - und die funktioniert.
Jain-Tempel in Ranakpur
Ganesha - mit seinem "Reittier", eine Ratte
Detail an einem Altar
K – Kühe stehen wirklich überall rum. Und mampfen Müll oder marschieren in aller Seelenruhe über die verstopfte Hauptstraße. Sie sind heilig, werden nicht getötet, nur gemolken. 90 % der Inder sind ohnehin Vegetarier. Ähnlich wie bei den Autos (siehe „Quasten und Bommel“) ist es auch üblich, die Tiere zu schmücken. Da werden die Hörner (auf dem Land gab es Rinder mit riesigen Hörnern!) bunt angemalt, Glöckchen umgebunden und helles Fell wird mit Henna mit Symbolen und Mustern bemalt.
Kuh beim Einkauf?
Bemalt und stolz
L – Lärm gehört zu Indien dazu. Selbst auf dem Land. Dort cruisen die Trecker mit dicken Boxem, aus denen Hindi-Musik dröhnt, über den Acker, in aller Herrgottsfrühe beschallt der Hindu-Tempel den Ort, manchmal kommt noch der Ruf des Muezzin hinzu. Und in den Städten wird ständig, wirklich ständig gehupt. Angeblich mit System, aber ich weiß nicht, wer da wem wie was sagen will. Ach ja, und dann zieht noch ein Hochzeitszug durch die Straßen. Mit Feuerwerk und den allgegenwärtigen Musik-Wagen.
Musikwagen, der alles beschallt
M – Müll, Müll und noch mal Müll: leider kann man davor die Augen nicht verschließen. Abfallbeseitigung scheint nicht zu funktionieren. Ob mitten in der Stadt an Kreuzungen oder am Dorfrand: Wahre Müllkippen türmen sich da auf, durchwühlt von Hunden, Schweinen und Kühen. Seltsamerweise hatten wir nie Probleme mit Fliegen...
Mitten in der Stadt
N – Nilgai-Antilopen sieht man oft im ländlichen Rajasthan, aber auch vom Zug oder Auto aus, da sie auf die bestellten Felder laufen. Die Tiere sind riesig, die Männchen eher blaugrau, die Weibchen braun gefärbt. Da die Menschen nicht jagen, haben sie auch keine Angst.
Eine Herde Antilopen
O – Ohren wie es sie fast nirgendwo sonst gibt: Die haben die Marwari-Pferde. Mehr zu diesen in meinem Artikel über Reiten in Rajasthan
Kringel-Öhrchen
P – Paläste gibt es in Rajasthan zuhauf. Die Stadtpaläste in Jaipur und Udaipur sind einen Besuch wert. Mit einem guten Guide erschließt sich einem Architektur, Geschichte und Symbolik besser. Prächtig sind sie alle, egal ob mit einem Saal voller Spiegel-Mosaiken oder einem Tor voller Pfauen. Inder lieben es bunt und aufwändig, wie auch der nächste Punkt zeigt.
Im Amber Fort
Stadtpalast Jaipur Pfauentor
Q – Quasten und Bommel hängen überall. Besonders an Autos und Traktoren. Dinge zu verzieren, ist hier ganz hoch im Kurs. Je mehr, desto besser. An den Außenspiegeln hängen oft schwarze Quasten, an der Windschutzscheibe gern mal Lametta. Und bemalt wird sowieso jedes Fahrzeug. Auch in einem „Reitladen“ in Jaipur gibt es diese, und ich kaufe zwei für die Pferde zu Hause – für Fasching?
Reiterladen in Jaipur
Disco-Trecker, bunt und laut
R – Rickscha fahren gehört dazu. Fahrradrickschas gibt es kaum noch, nur in Jaipur muss sich ein dünner Kerl vor uns abstrampeln. Öfter geht es mit der Motorrikscha, auch als Tuk Tuk bekannt, durch die Stadt. Mitten im Gewühl, im Gehupe. Keine Ahnung wie der Verkehr hier funktioniert. Ich kann kaum nach vorn schauen. Plötzlich gibt es kein Vor- und zurück mehr, Tuk Tuk an Tuk Tuk neben Auto und Trecker. Es wird kurz diskutiert, plötzlich geht es weiter. Hupend natürlich. Auch wenn die Tuk Tuks Zähler haben: meist haben wir den Preis vorher ausgemacht.
Fahrrad-Rickscha-Fahrt in Jaipur
Allgegenwärtig und immer hupend
S – Sari kaufen ist ein Erlebnis. Auch wenn ich ihn hier zu Hause wohl nie wieder anziehen werden (ich habe auch keineAhnung, wie man die sechs Meter Stoff denn nun richtig wickelt), bereue ich diesen Kauf nicht. In den Läden erstrecken sich an den Wänden Fächer mit unzähligen Stoffen. Auf einem Podest stehend, holt ein Mitarbeiter die heraus, die mir ins Auge fallen, und wickelt mich ein und wieder aus. Pink, Blau, mit Gold , Seide, Baumwolle, Blumen oder doch ein klassicher Tye&Dye (eine Art Batiktechnik) Sari? Einen Chai gibt es zwischendurch auch. Und ja, Saris stehen allen Frauen und sind bequem. Ich entscheide mich für türkis – und lasse mir aus einem Extra-Teil des Stoffes bei einer Schneiderin in einem winzigen Ladenlokal über Nacht für 3 Euro noch die Bluse auf den Leib schneidern.
Sechs Meter Stoff...

...werden gewickelt

So viel Auswahl!
T – Taj Mahal muss sein. Auch wenn es wirklich so aussieht wie in allen Bildbänden. Aber ein Touri-Foto davor ist Pflicht. Und ich war einfach nur glücklich, es "in echt" zu sehen. Und beeindruckend ist es allemal. Übrigens gibt es in Delhi ein „Baby“-Taj. Am Humayun-Grabmal in Delhi wurde schon mal geübt, was Bauweise und Architektur – Verschmelzung persischer und indischer Traditionen – angeht.
Baby Taj in Delhi
Taj Mahal
U – Udaipur ist eine wunderbare Stadt, die man bei einer Rajasthan-Rundreise einplanen sollte. Künstliche Seen mit palastartigen Gebäuden (u.a. das Hotel, in dem der Octopussy-James Bond gedreht wurde), der Berg mit dem Stadtpalast und die Aravalli-Berge in der Umgebung geben ihr eine einprägsame Kulisse.
Blick über den See zum Stadtpalast


Das James-Bond-Hotel
V – Ein Visum braucht man für Indien. Doch während ich noch das Prozedere mit Antrag und Konsulat und Passfoto in besonderem Format durchlaufen musste, ist es seit kurzem Möglich, ein Visum on Arrival zu bekommen. D.h, man fliegt ganz normal hin und am Flughafen wird man dann befragt und bekommt einen Stempel. Allerdings ist vorher immer noch eine Online-Registrierung nötig. Infos gibt es hier.

W – Wein ist sehr teuer, fast unbekannt und nur in Restaurants und Hotels mit Alkohol-Lizenz zu bekommen. Alkohol ist eher verpönt. Erhältlich und schmackhaft ist aber indisches Bier, etwa „Kingfisher“.
Der Namensgeber des Bieres, ein Kingfisher (Eisvogel)
X –wie ein Kreuz: Ein Kreuzsymbol begegnet einem immer wieder, was uns etwas komisch vorkommt. An Häusern, auf Stufen, sogar am prächtigen Palasttor entdeckt man Hakenkreuze. Sind dort aber natürlich keine, sondern heissen Swastika und sind ein Glückssymbol.
Eingangstor Stadtpalast Udaipur
Y – Yoga ist wohl das erste, was einem zu Indien und diesem Buchstaben einfällt. Tja. Ich habe kein Yoga gemacht und auch nicht mitbekommen, dass es einer tut. Doch es ist wohl auch eher im Süden üblich. Dort kann man Yoga-Retreats buchen – aber diese indische Erfindung ist ja ohnehin hier schon längst angekommen.
Sogar Affen machen Yoga...
Z – Zugfahren ist eine gute Möglichkeit, um weite Strecken zurückzulegen, und auch nicht teuer. Aircondition Class sollte man sich aber schon gönnen. Selbst da sind die Sitze nicht unbedingt im besten Zustand. Tickets kann man online buchen und außen an den Waggons hängen Listen, auf denen die Passagiernamen stehen – die Plätze sind nummeriert.

Im Zug von Jaipur nach Udaipur
Hier und hier findet ihr viele weitere Bilder von meiner Reise durch Rajasthan.

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