"Du kannst doch reiten?" fragt mich Katrin, während ich meine Brotdose noch fülle. "Ja..." antworte ich zögernd - irgendwie schon, aber ich bin ja auch ein Angsthase...
Ob wir zu laut geschnattert haben? Die einzige Ansage, was wir machen sollen, wenn einer auftauchen würde, war: Die Pferde laufen lassen. Allerdings frage ich mich im Nachhinein, ob das überhaupt möglich wäre - denn schon beim ersten Ritt ging es über Stock und Stein und über schmale Pfade. Ich war sofort von Gyurkos Trittsicherheit überzeugt und ließ ihn einfach machen. Der für mich "große" Braune ist wirklich ein Lieber, nur beim Hufegeben war er mal nicht so kooperativ, aber was ist schon ein Bluterguss unterm Zehennagel... Heute geht es erstmal bergab, durch einen kleinen Fluss und wieder etwa hoch.
Ein freilaufendes Pferd muss erstmal eingefangen werden, bevor wir auch absteigen und uns einer Holzhütte nähern, vor der in einem Pferch auch noch Kälber stehen. Es ist eine kleine Käserei, wo im Sommer ein paar Männer leben und arbeiten. Wir wecken sie aus ihrem Mittagsschlaf, sie zeigen uns die Geräte und den Käse - dafür gab es dann auch einen Obolus und wohl auch ein Fläschchen.
Dann geht es zurück, aufgrund der Wege im Schritt. Wir sollen immer dicht zusammenbleiben, auch wegen der Bären - denn als Gruppe werden die Pferde weniger angegriffen als ein einzelnes was hinterherschlendert. Eine weitere, viel kleinere Gefahr lauert im Boden: Erdwespen. Tritt man auf ein Nest, werden die angriffslustig und es hilft nur Flucht.
Doch auch die lassen uns in Ruhe, und wir reiten unbeschadet gegen Abend wieder auf dem Hof ein, wo Katrin uns mit einem Tablett Schnaps begrüßt. Die Pferde werden abgesattelt und mit Hilfe von Wasserflaschen gewaschen - einfach, aber effektiv, wenn man keinen Schlauch hat. Am nächsten Tag geht es um 10 Uhr los. Ein geplanter Zwei-Tages-Ritt mit Zeltübernachtung kann leider aus organisatorischen Gründen und der unterschiedlichen Reiter nicht stattfinden. Für mich wäre es ein zusätzliches Highlight gewesen, aber ich hatte nicht fest damit gerechnet. Leider haben zwei Gäste das eigentlich so gebucht und sind daher etwas enttäuscht. Immerhin soll es heute ein langer Reittag werden, und so geht es um 10 Uhr zu den Pferden. Wir machen sie fertig, allmählich klappt alles ganz gut, auch, wie man die Satteltaschen anbringt. Dann geht es los. Zunächst geht es durch den Wald hinab, dann auf der anderen Seite wieder hoch. Die Pferde müssen ganz schön klettern. Oben gibt es dann aber auch wunderbare Ausblicke. Wir reiten auch über eine Weide, und unser Guide bringt seine lange Lederpeitsche zum Einsatz, um Rinder auf Abstand zu halten. Dann treffen wir noch ein große Schafherde samt Hirten und mehreren Hunden. Auf einer Wiese mit einer Wanderschutzhütte machen wir Pause und Essen den Lunch. An einem Bach gibt es auch eine Tränke, Frisch gestärkt, reiten wir dort vorbei und in den Hasmas Nationalpark hinein. Auf der Weise sind mehrere eingesackte Stellen. Auf einer Almweide wird dann galoppiert, einmal hin- und wieder zurück. Hintereinander und auch ganz entspannt. Auf dem Rückweg wurden die Pferde dann doch mal richtig schnell - allerdings ohne dass es in wildes Überholen ausartete. Gut für mich, denn ich bin ja immer etwas ängstlich, was Geschwindigkeit angeht, und mir zitterten auch ehrlich gesagt die Knie danach. Die Pferde waten danach aber sofort wieder entspannt. Dann geht es denselben Weg wie auf Hinweg wieder zurück. Bergab laufen wir auch teilweise. Erst 19 Uhr sind wir zurück am Hof, waschen die Pferde wieder, bevor es wieder Melone gibt.
Am nächsten Tag ist schon der letzte Reittag für mich. So kurz dieser Urlaub auch war, es ist Wahnsinn, wie schnell man sich an die Abläufe, die Pferde und die Menschen gewöhnt - und das im positiven Sinn. Es ist beruhigend und schön. Heute gibt es dann, gerade bevor wir losreiten wollen, noch unerwarteten Besuch: Im Jeep kommen ein Priester samt Ministrant vorbei, um den Hof zu segnen, da Tag des Heiligen ist, der über diese Gegend dort wacht - welcher das ist, weiss ich leider nicht...
Dann reiten wir los, eine Art Straße hinab. Dann treffen wir auch den Priester nochmal, der da am Wegrand steht. Mein Pferd findet ihn total unheimlich in seinem Gewand, und er erstarrt. Als die Lücke zum Vorderpferd zu groß wird - was übrigens auch wegen des Pfarrers scheute - rennt er doch los. Wir kommen auch an einer kleinen Kirche vorbei, wo sich wegen des Heiligen-Tages auch viele Menschen versammelt haben. Die Pferde nehmen es gelassen. Wir reiten bergauf, auch einen Trampelpfad durchs Unterholz wo die Pferde wirklich über Stämme klettern müssen was das Zeug hält. Stangentraining in der Natur!
Oben angekommen, machen wir Mittag an einem langen Tisch, die Pferde dürfen grasen. Gyurko legt sich sogar hin, mit Sattel. Da er sich nicht wälzt, darf er auch kurz liegenbleiben. Wir reiten zurück, galoppieren auch noch einen kleinen Berg hoch. Mit jedem Meter, der uns näher an den Hof bringt, werde ich etwas trauriger. Wir kommen noch am Heidelbeerfeld vorbei, wo wieder einige Menschen per Hand pflücken und ihre Eimer füllen. Hände und auch Münder sind dunkel gefärbt. Ich könnte ewig so weitermachen, durch diese Gegend reiten, so bergig und ursprünglich. Das einzige, was mich wirklich störte, war der Müll. Ob von Hirten oder Wanderern, irgendwie wird viel einfach liegengelassen.
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