Es sind die Momente, die ich im Nachhinein immer ausblende, ungern erzähle. Aber es gehört zum Reisen dazu - der Moment des Abschieds. Wie ihr wisst, reise ich oft in Gruppen, bei Reitreisen mit Guides und "Mannschaft". Und dann kommt immer irgendwann der Moment, wo ich, vielleicht noch mit anderen Mitreitern, wieder in ein Fahrzeug krabble, mein Gepäck verstaut ist, und mir nichts übrig bleibt als zu winken - und dann ist er da, der Moment, wo mir die Tränen in die Augen schiessen.
Weil ich weiß, dass es vermutlich ein Abschied für immer sein wird. Dabei habe ich mit diesen Menschen eigentlich nur einige Tage verbracht. Und oft konnte ich mich nicht mal richtig mit Ihnen unterhalten, weil sie eine ganz andere Sprache sprechen. Aber diese wenigen Tage waren meist so intensiv und so glücklich, dass der Abschied von den Guides schwerer fällt als von manchem guten Freund. Denn auch wenn ich meine Freunde schätze und liebe, teilen diese meist nicht die Leidenschaft für abenteuerliche Reitreisen, und so muss ich diese Erfahrungen mit den Guides und Mitreitern teilen (unter denen ich inzwischen auch neue Freunde gefunden habe;-)). Besonders intensiv war die Begegnung mit unseren Reit-Guides in der Mongolei. Ich sehe sie noch am Zaun stehen, der wortkarge Agi, sein Sohn Puna und der junge Suchhe. Wir haben den letzten Ritt hinter uns gebracht, den Jungs Abschiedsgeschenke überreicht, in Agis Wohnzimmer einen letzten Schluck Airag geteilt. Die drei sprechen kein englisch, eine Übersetzerin hat beim Trail geholfen, aber auch so haben wir uns gut verstanden, mit Händen und Füßen, einem verschmitztem Lachen, beim Kartenspielen, beim Verarzten von Suchhes aufgeschürften Händen, beim Wettrennen in der Steppe.
Nun stehen sie da, die Geschenktüten unbeholfen in den Händen, und ich verabschiede mich, ohne Worte, mit etwas ungelenken Umarmungen. Der Bus wartet schon. Es gibt nicht mal eine Adresse, an die man schreiben könnte (und ich kann ja auch kein mongolisch), dabei würde man gern Bilder schicken. Ich sage viel zu oft "Danke" auf deutsch. Ob die Jungs wissen, dass sie geholfen haben, mir einen Lebenstraum zu erfüllen? Waren wir für sie nur eine lästige Touri-Gruppe? Die zudem noch mit Reitproblemen, Stürzen und Magenverstimmungen aufgewartet hat? Warten sie einfach auf die nächste Truppe abenteuerlustiger Westler, für die sie ihre Pferde bereitstellen? Oder haben sie die Zeit mit uns auch ein wenig genossen? Ich weiss es nicht und werde es wohl nie erfahren. Ebenso erging es mir in Namibia mit unserem schweigsamen Reitguide oder in Indien mit den ganzen Boys, die fast unbemerkt im Camp alles richteten, Brot buken oder Wasser erhitzten. Doch hier in der Mongolei war es mehr ein richtiges Miteinander, und nach einer letzten Umarmung, die Suchhe wohl auch ein bisschen unangenehm ist, krabble ich zu den anderen in den Bus, winke und blinzle die Tränen weg, während wir durch die Steppe rumpeln, weg von den drei Mongolen, die hier leben. Irgendwo ist auch Suchhes Jurte, an der wir auf dem Hinweg Halt machten, seine Schwestern kennenlernten, Airag bekamen. Der Hof von Agi, wo wir eine Nacht verbrachten, ein Schaf aus seiner Herde für uns geschlachtet wurde, wird kleiner. Es war eine intensive Begegnung, und ich wünsche den drei von ganzem Herzen alles Gute - und ich weiss, dass diese Begegnungen mit einheimischen Guides und anderen Pferdemenschen mir weiterhin Freude machen werden, aber mir am Ende auch das Herz zerreissen. Immerhin: Mit unserer Übersetzerin habe ich noch Kontakt, Facebook sei Dank. Und da hoffe ich immer noch auf ein Wiedersehen - und vielleicht auch auf Neuigkeiten aus der Steppe.
Welche Begegnungen auf Reisen haben Dich geprägt? Diesen Post habe ich im Rahmen der Blogparade: Reisebegegnungen von Heldenwetter verfasst. Dort findet ihr noch andere tolle Begegnungsgeschichten.
Was für ein schöner Text :) Ja, Reisebegegnungen sind flüchtig und kurz, und trotzdem können sie unheimlich intensiv sein. Dann schmerzt der Abschied einfach. Vielen Dank für diesen tollen Beitrag zu meiner Blogparade!
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