Dienstag, 29. Oktober 2019

Reiten in Rumänien 2 - Irgendwo sind die Bären

Nach den allgemeinen Infos zu meiner Reise zu Hipparion Trails kommt nun natürlich noch ein zweiter Teil, in dem es um die Pferde und die Ritte geht. Ich muss zugeben, dass mein Traum natürlich der Karpatenritt wäre, und Sternritte mir ja in der Vergangenheit immer zu wenig "abenteuerlich" waren, siegte jetzt die Sehnsucht nach diesem Ort. Nach meiner etwas verkorksten Ankunft dachte ich erst am nächsten Morgen wieder, nach dem leckeren Frühstück. Es stehen um die 13 Pferde zwischen 135 und 170 zu Verfügung. Es sind Mixe, aus Lippizanern - daher gibt es viele Schimmel - und einheimischen Rassen. Es sind schon vier Reitgäste da, u.a. aus der Slowakei, und dann die vier Wiener. Da von ihnen nicht alle richtig viel Reiterfahrung haben, werden Ihnen dann die "braveren" Pferde zugeteilt. Und was bleibt dann für mich???? Frage ich mich allmählich....

"Du kannst doch reiten?" fragt mich Katrin, während ich meine Brotdose noch fülle. "Ja..." antworte ich zögernd - irgendwie schon, aber ich bin ja auch ein Angsthase...

"Du nimmst den Gyurko, der ist erst fünf, der war letztes Jahr zum ersten Mal dabei und hat seine Sache super gemacht." Ok. Ich schlucke kurz, ein "alter Hase" wäre mir lieber... Aber wird schon. Dann geht es erstmal, mit rotem Kordelhalfter bewaffnet, das auch beim Reiten unter der Trense bleibt, den Berg hinab. Die Pferde leben im Herdenverband auf einer großen Koppel am Berg, mit Bäumen, dazu ein großer Unterstand, in den sie sich auch jetzt zum Schutz vor den Fliegen zurückgezogen haben. An einem Morgen liegt Gyurko da auch und ich muss ihn höflichst bitten, doch aufzustehen... Wir marschieren den Berg wieder hoch, einige dürfen auch hochreiten, ich merke beim Anstieg meine Muskeln und sehe schon, dass die Pferde ihre Hintern hier auch sehr gut trainiert haben. In Ständern werden die Pferde angebunden und geputzt, dann wird unter Anleitung gesattelt. Es sind umgefertigte Militärsättel, mit handgearbeiteten Leder-Packtaschen, in denen wir Brotdosen und Wasser verstauen. Die Trensen sind landestypisch.
 
Dann geht es los, und der erste Ritt beginnt. Schon kurz hinter dem Hoftor sehen wir auf dem matschigen Boden einen eindeutigen Abdruck: Eine Bärentatze! Und einige Tage später muss ich beim Ritt mal "ins Gebüsch, und neben mir liegt da schon eine Hinterlassenschaft - wie sich herausstellt, Bärenkacka. Tja, aber das war dann auch alles, was wir von Meister Petz sehen...
Ob wir zu laut geschnattert haben? Die einzige Ansage, was wir machen sollen, wenn einer auftauchen würde, war: Die Pferde laufen lassen. Allerdings frage ich mich im Nachhinein, ob das überhaupt möglich wäre - denn schon beim ersten Ritt ging es über Stock und Stein und über schmale Pfade. Ich war sofort von Gyurkos Trittsicherheit überzeugt und ließ ihn einfach machen. Der für mich "große" Braune ist wirklich ein Lieber, nur beim Hufegeben war er mal nicht so kooperativ, aber was ist schon ein Bluterguss unterm Zehennagel... Heute geht es erstmal bergab, durch einen kleinen Fluss und wieder etwa hoch.

Auf einer Wiese machen wir dann Picknick, den Pferden wird das Gebiss aus dem Maul genommen damit sie fressen können, die meisten dürfen sich frei bewegen. Irgendwann kommen wir oberhalb von Bergwiesen aus dem Wald, wo Kühe weiden.
Ein freilaufendes Pferd muss erstmal eingefangen werden, bevor wir auch absteigen und uns einer Holzhütte nähern, vor der in einem Pferch auch noch Kälber stehen. Es ist eine kleine Käserei, wo im Sommer ein paar Männer leben und arbeiten. Wir wecken sie aus ihrem Mittagsschlaf, sie zeigen uns die Geräte und den Käse - dafür gab es dann auch einen Obolus und wohl auch ein Fläschchen.
 
 
 
 



Dann geht es zurück, aufgrund der Wege im Schritt. Wir sollen immer dicht zusammenbleiben, auch wegen der Bären - denn als Gruppe werden die Pferde weniger angegriffen als ein einzelnes was hinterherschlendert. Eine weitere, viel kleinere Gefahr lauert im Boden: Erdwespen. Tritt man auf ein Nest, werden die angriffslustig und es hilft nur Flucht.
Doch auch die lassen uns in Ruhe, und wir reiten unbeschadet gegen Abend wieder auf dem Hof ein, wo Katrin uns mit einem Tablett Schnaps begrüßt. Die Pferde werden abgesattelt und mit Hilfe von Wasserflaschen gewaschen - einfach, aber effektiv, wenn man keinen Schlauch hat.
 
 
 
Am nächsten Tag geht es um 10 Uhr los. Ein geplanter Zwei-Tages-Ritt mit Zeltübernachtung kann leider aus organisatorischen Gründen und der unterschiedlichen Reiter nicht stattfinden. Für mich wäre es ein zusätzliches Highlight gewesen, aber ich hatte nicht fest damit gerechnet. Leider haben zwei Gäste das eigentlich so gebucht und sind daher etwas enttäuscht. Immerhin soll es heute ein langer Reittag werden, und so geht es um 10 Uhr zu den Pferden. Wir machen sie fertig, allmählich klappt alles ganz gut, auch, wie man die Satteltaschen anbringt. Dann geht es los. Zunächst geht es durch den Wald hinab, dann auf der anderen Seite wieder hoch. Die Pferde müssen ganz schön klettern. Oben gibt es dann aber auch wunderbare Ausblicke.
 
 
Wir reiten auch über eine Weide, und unser Guide bringt seine lange Lederpeitsche zum Einsatz, um Rinder auf Abstand zu halten. Dann treffen wir noch ein große Schafherde samt Hirten und mehreren Hunden. Auf einer Wiese mit einer Wanderschutzhütte machen wir Pause und Essen den Lunch. An einem Bach gibt es auch eine Tränke, Frisch gestärkt, reiten wir dort vorbei und in den Hasmas Nationalpark hinein. Auf der Weise sind mehrere eingesackte Stellen. Auf einer Almweide wird dann galoppiert, einmal hin- und wieder zurück. Hintereinander und auch ganz entspannt. Auf dem Rückweg wurden die Pferde dann doch mal richtig schnell - allerdings ohne dass es in wildes Überholen ausartete. Gut für mich, denn ich bin ja immer etwas ängstlich, was Geschwindigkeit angeht, und mir zitterten auch ehrlich gesagt die Knie danach. Die Pferde waten danach aber sofort wieder entspannt. Dann geht es denselben Weg wie auf Hinweg wieder zurück. Bergab laufen wir auch teilweise. Erst 19 Uhr sind wir zurück am Hof, waschen die Pferde wieder, bevor es wieder Melone gibt.

 
 

Am nächsten Tag ist schon der letzte Reittag für mich. So kurz dieser Urlaub auch war, es ist Wahnsinn, wie schnell man sich an die Abläufe, die Pferde und die Menschen gewöhnt - und das im positiven Sinn. Es ist beruhigend und schön. Heute gibt es dann, gerade bevor wir losreiten wollen, noch unerwarteten Besuch: Im Jeep kommen ein Priester samt Ministrant vorbei, um den Hof zu segnen, da Tag des Heiligen ist, der über diese Gegend dort wacht - welcher das ist, weiss ich leider nicht...


Dann reiten wir los, eine Art Straße hinab. Dann treffen wir auch den Priester nochmal, der da am Wegrand steht. Mein Pferd findet ihn total unheimlich in seinem Gewand, und er erstarrt. Als die Lücke zum Vorderpferd zu groß wird - was übrigens auch wegen des Pfarrers scheute - rennt er doch los. Wir kommen auch an einer kleinen Kirche vorbei, wo sich wegen des Heiligen-Tages auch viele Menschen versammelt haben. Die Pferde nehmen es gelassen. Wir reiten bergauf, auch einen Trampelpfad durchs Unterholz wo die Pferde wirklich über Stämme klettern müssen was das Zeug hält. Stangentraining in der Natur!

Oben angekommen, machen wir Mittag an einem langen Tisch, die Pferde dürfen grasen. Gyurko legt sich sogar hin, mit Sattel. Da er sich nicht wälzt, darf er auch kurz liegenbleiben. Wir reiten zurück, galoppieren auch noch einen kleinen Berg hoch. Mit jedem Meter, der uns näher an den Hof bringt, werde ich etwas trauriger. Wir kommen noch am Heidelbeerfeld vorbei, wo wieder einige Menschen per Hand pflücken und ihre Eimer füllen. Hände und auch Münder sind dunkel gefärbt. Ich könnte ewig so weitermachen, durch diese Gegend reiten, so bergig und ursprünglich. Das einzige, was mich wirklich störte, war der Müll. Ob von Hirten oder Wanderern, irgendwie wird viel einfach liegengelassen.

 

Fazit: Bei Hipparion Trails kann man wundervolle Ritte in bergigem Gelände machen, erlebt viel ursprüngliches. Wir hatten nur gutes Wetter, was die Sache natürlich perfekt machte. Die Pferde sind allesamt trittsicher und brav, die Sättel bequem. Sie müssen was leisten, leben aber auch toll im Herdenverband auf einer großen Weide. Es wird immer geschaut, dass alles gut sitzt, dass sie gepflegt und gesund sind, der Futterzustand ist super. Es ist ein Hauch von Abenteuer, ich hätte gern den Karpaten-Wanderritt gemacht, aber um wirklich einfach mal abzuschalten und viel im Sattel zu sitzen sind auch die Sternritte toll. Die Karpaten sind nicht Kanada, aber dennoch durchaus beeindrucken - ok, ich komme auch aus dem flachen Norddeutschland. Ich bin so froh, dass ich dort war und kann es nur empfehlen.







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